IoT-Studie: Europa hängt USA ab

Laut Studie haben europäische Unternehmen mehr Erfahrung mit IOT

Europa eilt den USA davon – und das in einem Bereich, der bisher als Steckenpferd der Amerikaner galt: Dem Internet der Dinge (Internet of Things; kurz IoT). Laut einer Studie haben Unternehmen in Europa „schon deutlich mehr Erfahrung mit IoT-Technologien“ als die Konkurrenz aus den USA.

Schnelligkeit als Wettbewerbsvorteil

Im Bereich der IoT-Technologien haben europäische Unternehmen mittlerweile mehr Erfahrung als US-amerikanische. Dies bescheinigte jüngst die Studie „Europeans Extend Their Lead in the Industrial Internet of Things“, für die die internationale Managementberatung Bain & Company mehr als 600 IoT-Verantwortliche in Europa und den USA befragt hat.

In Europa treiben die Unternehmen ihre Vorhaben rund um Industrie 4.0 bereits seit 2016 dreimal so schnell voran wie ihre Wettbewerber aus den USA. Auf beiden Kontinenten wollen rund die Hälfte der Studienteilnehmer IoT-Projekte umsetzen. Aber: Europäische Unternehmen haben „schon deutlich mehr Erfahrung mit IoT-Technologien“ und deshalb „einen echten Wettbewerbsvorteil“, formuliert Christopher Schorling, Partner in der sogenannten Technologiepraxisgruppe von Bain und Mitautor der Studie, und ergänzt: „Die Europäer wissen schon heute, wie sie IoT-Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette gewinnbringend einsetzen können.“

US-Firmen kämpfen noch mit grundsätzlichen Problemen

In der ersten Bain-Studie aus dem Jahr 2016 hatten 27 Prozent der europäischen und 18 Prozent der US-amerikanischen Unternehmen die Einführung von IoT-Anwendungen angekündigt. Zudem haben damals die Europäer geplant, einen höheren Anteil ihrer IT-Budgets in diese neuen Technologien zu investieren. Das galt vor allem für Automobilhersteller und Bau- und Industrieunternehmen.

Die Anstrengungen von 2016 zahlen sich nun offenbar aus. Während viele US-Firmen heute noch mit „Kinderkrankheiten“ kämpfen, haben die Europäer diese schon weitestgehend hinter sich gelassen. Zu diesen „Kinderkrankheiten“ zählen unter anderem mangelnde technische Expertise sowie Probleme bei der Integration und dem Zusammenspiel unterschiedlicher Systeme.

Europäer wollen in nächster Zeit zweimal so viel IoT-Projekte realisieren wie USA

Solche grundlegenden Schwierigkeiten haben amerikanische Unternehmen in der aktuellen Bain-Studie sogar noch öfters genannt als 2016. Die befragten US-Firmen planen bis 2022 hauptsächlich Pilotprojekte. Aktuell hat gut jedes zweite Unternehmen das erste Stadium der Umsetzung von Industrie 4.0 erreicht. Bis 2022 sollen es rund 70 Prozent sein.

Die Europäer arbeiten laut Studie hingegen schon an Geschäftsmodellen, die ihre Investitionen refinanzieren sowie an regulatorischen Aspekten und Sicherheitsfragen. Zudem wollen europäische Firmen in den kommenden zwei Jahren mehr als doppelt so viele groß angelegte IoT-Projekte realisiert haben wie die Konkurrenz aus den USA.

IoT-Sicherheit als größte Hürde

Als größte Hürde für die Einführung von Industrie 4.0 gilt sowohl für europäische als auch amerikanische Unternehmen die Sicherheit der Anwendungen. Etwa die Hälfte der Europäer sieht darin laut Studie „das zentrale Problem“, bei den US-Amerikanern ist es knapp ein Drittel.

„Die europäischen Anbieter von IoT-Lösungen haben große Chancen, die Führung im Bereich Cybersecurity zu übernehmen“, sagt Schorling. Schließlich seien sie gezwungen, ihre in Sicherheitsfragen höchst anspruchsvollen heimischen Kunden zufriedenzustellen. Gelinge es ihnen zusätzlich, die komplexen Datenschutz- und Regulierungsanforderungen der EU zu meistern, könnten sie sich einen enormen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz aus den USA und Asien erarbeiten, heißt es in der Studie.

Expertise und Komplettsysteme sollen Vorsprung halten

Dennoch bescheinigt die Studie auch den Amerikanern gute Chancen. Die Pläne der US-Unternehmen seien „extrem ambitioniert“. In den kommenden zehn Jahren wollen sie sowohl bei Pilotprojekten als auch bei unternehmenskritischen Implementierungen die europäische Konkurrenz aufholen.

Um den Vorsprung zu halten, sollten sich die europäischen IoT-Anbieter zunächst auf bestimmte Branchen fokussieren, rät man in der Studie. In diesen ausgewählten Segmenten könnten sie „herausragende Expertisen“ entwickeln und „überzeugende Komplettsysteme“ anbieten.

„In den nächsten zwei, drei Jahren werden sich die Gewinner beim Thema Internet der Dinge herauskristallisieren“, orakelt Oliver Straehle, Leiter der Praxisgruppe Advanced Manufacturing & Services im Raum EMEA und Mitautor der Studie. „Unternehmen, die ihre IoT-Investitionen auf die lange Bank schieben, verlieren an Wettbewerbsfähigkeit. Wer dagegen seine Maschinen, Anlagen und Produkte vernetzt und die daraus resultierenden Daten verwertet, zählt zu den Profiteuren in einer Welt weitreichender Automatisierung und künstlicher Intelligenz.“

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